Das Fachwerkhaus

Fachwerkhäuser gibt es viele in der Stadt Halle, Künsebeck und Umgebung. Rund um den Kirchplatz findet Ihr ein geschlossenes Fachwerkensemble, in der Umgebung viele Bauernhöfe und Kotten in Fachwerkbauweise. Über den Haustüren, Deelentoren und Giebeln lassen sich wunderbar die alten Balkeninschriften lesen und ahnen, was diese Häuser schon alles gesehen und erlebt haben.  

Es gibt unterschiedliche Bauweisen für Fachwerkhäuser. Die ältere ist wohl die Ständerbauweise, bei der die Ständer bis in die zweite oder dritte Etage reichen. Diese Bauweise ist sicherlich vermehrt in Städten zu finden, wo die Häuser mehrere Geschosse haben. Die andere Bauweise ist die Rähm- oder Etagenbauweise. Hier wird immer nur eine Etage gebaut, abgeschlossen und ein neues Stockwerk darauf gesetzt. Genauer sind diese beiden Bauweisen im folgenden Abschnitt beschrieben:

Die Ständerbauweise entwickelte sich im 13. Jahrhundert aus der primitiveren Pfostenbauweise. Diese bereits seit der Jungsteinzeit bekannte Bauweise weist gegenüber der Ständerbauweise eine geringere Haltbarkeit auf, da die Pfosten in den Untergrund getrieben wurden und aus diesem Grund rasch abfaulten. Zudem war die Stabilität des statischen Systems der Pfostenhäuser aufgrund fehlender Aussteifung schlecht ausgeprägt. Diese Unzulänglichkeiten wurden durch die Ständerbauweise behoben.

Aufgrund der besseren statischen Voraussetzungen ermöglichte die Ständerbauweise im Mittelalter die Errichtung mehrerer Stockwerke bzw. Geschosse. Daher wird die Ständerbauweise auch als Geschossbauweise bezeichnet. Die von der Schwelle bis zum Dachgebälk durchlaufenden Ständer tragen die gesamten Lasten über mehrere Stockwerke ab. Gebäude mit mehreren Stockwerken wurden daraufhin als Langständerbau bezeichnet. Die auf einem gemauerten Sockel errichteten Ständer waren durch waagrechte Balken, die so genannten Ankerbalken, miteinander verbunden. Die Ankerbalken dienten gleichzeitig als Auflage für die Deckenkonstruktion der einzelnen Geschosse. Als Versteifung dienten Schwertungen, diagonal über mehrere Geschosse verlaufende Verstrebungen, die von Ständer zu Ständer reichen. Bekannte Gebäudetypen, die in Ständerbauweise errichtet wurden, sind die niederdeutschen Hallenhäuser. Je nach Anzahl der Ständer wurden sie als Zwei-, Drei-, oder Vierständerbau bezeichnet. Zudem gab es regionale Unterschiede bei der Ausführung der Ständerbauten. Als Beispiel kann hier der Ständerbohlenbau oder Bohlenständerbau genannt werden, der im süddeutschen und Schweizer Raum ausgeführt wurde.

Die Ständerbauweise in diesem Sinne war die ursprüngliche, im Mittelalter gebräuchliche Fachwerkbauweise. Sie wurde Ende des Mittelalters (ab dem 16. Jahrhundert) durch die Rähmbauweise abgelöst. Bei ihr werden Ständer verwendet, die nur die Länge eines Stockwerkes besitzen. Diese Konstruktion wird als Rähm- oder Stockwerksbauweise bezeichnet, da die auf der Schwelle stehenden Ständer oben mit einem Rähm abgeschlossen werden.